Do it!

Fliegen nähen wie ein Maßschneider

Wer hätte nicht auch gerne eine individuelle Fliege für einen besonderen Anlass und dann auch noch selbstgemacht!? In diesem Tutorial zeigen wir euch schrittweise, wie man eine Fliege zum Selberbinden näht, um zum Beispiel auf einer Hochzeit stilvoll zu glänzen.

Das Besondere an unserem Näh-Tutorial ist: ihr näht die Fliege genauso, wie es auch der Maßschneider Sebastian Hoofs in seinem Herrenmaßschneideratelier macht. Sebastian erklärt, wie es geht.

Was ihr für eure selbstgenähte Fliege braucht:

  • Material: ca. 0,5 m x 0,5 m
  • Schere
  • Kreide / Kreidestift
  • Bügeleisen
  • Farblich passendes Nähgarn
  • Heftgarn
  • Nähnadeln (Hand und Maschine)
  • Nähmaschine
  • Eventuell Einlage

Welche Materialien eignen sich?

Für eine Fliege eignen sich alle gewebten Stoffe. Materialien, die nicht genug Stand mitbringen, können mit einer Thermofixiereinlage verstärkt werden. Alternativ kann auch eine Lage Seidenorganza mitgenäht werden. Das Material sollte nicht elastisch sein, da es sich beim Binden sonst stark verziehen würde. In diesem Beispiel verwenden wir das favorisierte Material von Sebastian Hoofs: Wildseide.

 

  • Schritt 1

    Bevor man mit dem Zuschnitt beginnt, sollte das Obermaterial entweder gewaschen oder mit viel Dampf lange und langsam abgebügelt werden. Damit hat der Stoff bereits die Möglichkeit einzulaufen. Wenn dies später während oder nach der Verarbeitung gemacht wird, ist ein schönes Ergebnis nicht mehr gewährleistet.

    Rote Schnitteile aus Wildseide und Schnittmuster für Fliege
  • Schritt 2

    Zunächst den Schnitt parallel oder im rechten Winkel zur Webkante so ausrichten, dass eine Nahtzugabe von einem Zentimeter angeschnitten werden kann. Ganz korrekt werden Fliegen in der Herrenschneiderei normalweise ohne Naht an der hinteren Mitte geschnitten. Wir setzen jedoch eine Naht, um später noch die Möglichkeit zu haben, die Länge bzw. die Halsweite der Fliege zu justieren. Wer auf die Naht verzichten möchte, legt anstelle der hinteren Naht eine Bruchkante an.

    Nachdem alle Teile mit einer Nahtzugabe von einem Zentimeter ausgeschnitten sind, werden auf jeweils einer Hälfte der Fliege die Nahtlinien angezeichnet. Wichtig ist, dass auf dem Steg eine kleine Öffnung von ca. 7 Zentimetern bleibt.

    Nach dem Anzeichnen jeweils zwei Hälften rechts auf rechts legen und mit Stecknadeln fixieren.

    Rotes Schnittteil für Fliege aus Wildseide, Geodreieck und Kugelschreiber

Schritt 3: Welche Nadel ist die geeignete?

Nun wird mit der Nähmaschine der Nahtlinie folgend mit passendem Nähgarn gesteppt. Da Fliegen in der Regel aus feinen Stoffen gefertigt werden, oder wie in unserem Beispiel sogar aus Wildseide, sind tadellose Nähmaschinennadeln unerlässlich. Stumpfe oder zu dicke Nadeln könnten aus dem Gewebe Fäden ziehen bzw. das Gewebe an der Einstichstelle sogar zerstören. Wir verwenden schon immer Nähmaschinennadeln von SCHMETZ. Unsere Seide ist sehr fein – ich benutze dafür eine 60er Universal-Nadel. Bei besonders feiner und dünner Seide lassen sich auch mit der Microtex-Nadel wunderbare Ergebnisse erzielen.

  • Schritt 3

    Nach dem Steppen werden die Nahtzugaben auf 0,5 Zentimeter zurückgeschnitten. An den Bögen, die nach innen laufen, vorsichtig zwei- bis dreimal einschneiden.

    Ausschnitt rotes Stoffteil der Fliege mit kleinen Einschnitt, der nach innen laufenden Bögen
  • Schritt 4

    Damit sich die Ecken ordentlich wenden lassen, die äußere Kante um die Naht bügeln, danach jeweils rechts und links von der Kante die Ecken umbügeln. Sollte sich die Naht hier ein wenig einrollen, ist das kein Problem. Nach dem Wenden rollt die Naht nämlich wieder an ihre richtige Stelle.

    Übrigens: Bei allen Ecken, die einen 90 Grad Winkel nicht überschreiten, wird nichts zurückgeschnitten. Das macht die spätere Ecke stabil. Das gilt nicht nur für Fliegen, sondern auch für andere Nähprojekte.

    Umgebügelte Kante um die Naht, rotes Stoffteil für Fliege
  • Schritt 5

    Die Nahtzugabe am Stegteil, das vorerst noch offen bleibt, wird nicht zurückgeschnitten.

    Offene Nahtzugabe am Stegteil: Schnittteil für Fliege
  • Schritt 6

    Als nächstes werden beide Fliegenseiten gewendet. Es gibt zahllose Tipps und Tricks, wie man mit langen Gegenständen die Fliegen schneller wenden kann. Ich rate von all dem ab. Am besten die Fliege ohne Hilfsmittel langsam und bedächtig wenden. Das mag ein paar Minuten in Anspruch nehmen, vermeidet aber ein Ausbeulen oder sogar ein Durchstechen des Obermaterials.

    Gewendete Fliegenseiten aus rotem Stoff
  • Schritt 7

    Nach dem Wenden die Nahtzugaben am offenen Stegteil eine kurze Strecke auseinander bügeln. Dann beide Seiten rechts auf rechts stecken und die Naht mit einem Zentimeter Nahtzugabe schließen.

    Rechts auf rechts gesteckte Nahtzugaben am Stegteil der beiden Stoffteile der Fliege
  • Schritt 8

    Nun mit einem Reihfaden die Kanten so heften, dass die Naht exakt in der Mitte liegt.

    Beide Teile der Fliege mit Reihfaden gehefteter Kanten
  • Schritt 9

    An den noch offenen Kanten einen Nahtverlauf einzeichnen und zunächst nur eine Seite um die angezeichnete Kante legen und heften.

    Stoffteil von der Fliege mit eingezeichnetem Nahtverlauf um Kante gelegt
  • Schritt 10

    Danach die Nahtzugabe der gegenüberliegenden Kante ebenfalls nach innen schlagen und an die erste Kante heften. Nun die Kanten mit farblich passendem Nähgarn unsichtbar zusammennähen.

    Kanten der Fliege werden mit farblich passendem Nähgarn zusammengenäht
  • Schritt 11

    Die Kanten bügeln und alle Heftfäden entfernen. Danach noch einmal bügeln – und fertig ist die selbstgenähte Fliege!

    Selbstgenähte rote Fliege wird gebügelt.

Über den Autor

Sebastian Hoofs ist Herrenmaßschneider und teilt gerne sein Fachwissen. Mit 14 Jahren begann er mit dem Nähen und ist über die leidenschaftliche Hobbyschneiderei zum professionellen Handwerk gekommen. Sein Steckenpferd ist die Schnittkonstruktion. In seinem Kölner Maßschneideratelier bietet er auch Spezial-Nähkurse für ambitionierte Hobbyschneider an. Sein Ziel ist es, das Fachwissen der Maßschneider im Hobbybereich zu verbreiten, da die Verarbeitung meist hochwertiger und langlebiger ist.

 

 

 

Bilder: Sebastian Hoofs